Vorbildliche Sanierung 2016
Anschrift: Gühlitz Nr. 5
Eigentümer: Familie von Stackelberg
Die Jury:
Kerstin Duncker, Ralf Pohlmann, Jürgen Weinhold, Ilka Burkhardt-Liebig
Umnutzung einer Längsdurchfahrtsscheune von 1799 in Gühlitz

Die Eigentümer erwarben die Hofstelle in typischer Rundlingslage im Jahr
2014.
Es sind zwei historische Gebäude erhalten, ein Wohnwirtschaftsgebäude aus
dem Jahr 1833 und eine Längsdurchfahrtsscheune im hinteren
Grundstücksbereich aus dem Jahre 1799. Beide Gebäude werden in der
Denkmalliste des Landkreises geführt. Seit der Übernahme der Ländereien
dieser Hofstelle durch einen Landwirt, wurden die Gebäude nicht mehr genutzt
und schlussendlich verkauft.
Beide Gebäude haben aufgrund der Unternutzung ihr ursprüngliches
Erscheinungsbild erhalten. Das hausforscherisch interessantere Gebäude ist
sicherlich das Wohnwirtschaftsgebäude als Hauptanlage der Hofstelle. In
diesem Gebäude hat sich ein nahezu bauzeitlicher Zustand erhalten. Bis hin
zur Ausstattung der Eckstube und der Rauchglocke in der Küche sind viele
historische Details noch vorhanden.
Die Eigentümer entschieden sich aus diesem Grund für die Umnutzung der
Scheune im hinteren Grundstücksbereich. Ihr Ansinnen war es, dass
Hauptgebäude möglichst original zu belassen (Anmerkung siehe unten).
Zur Umnutzung der Scheune erfolgte ein Planungsprozess, der sowohl die
historische Substanz der Scheune als auch eine zeitgemäße Nutzung des
Gebäudes im Focus hatte. Die Abstimmungen zwischen Bauherren und
Denkmalpflege waren geprägt von dem gegenseitigen Verständnis und dem
Impuls, die Scheune als einen authentischen Ort zu erhalten.
Ausgangslage dieser Umnutzung war eine
- weitgehend intakte Fachwerkstruktur (Dreischiffigkeit des Grundrisses),
- erhaltene Lehmausfachungen der westlichen Traufwand und des rückwärtigen
Giebels,
- eine mit Backsteinen ausgemauerter Giebel zum Dorfplatz, geschädigt durch
den Einbau zweier zusätzlichen Tore und
- eine Dacheindeckung mit Zementrauten.
In der östlichen Trauffassade waren Ausfachungen nicht mehr vorhanden, diese
Fassade war mit einer Bodendeckelschalung verschalt.
Die Dreischiffigkeit der Scheune wurde erhalten. Die Planer haben bei der
Unterbringung des Raumprogramms die Gegebenheiten des Gebäudes aufgenommen
und die Fachwerkstruktur erhalten. Beim Einbau von Fenstern wurden zunächst
die vorhandenen Öffnungen genutzt, zusätzliche Fensteröffnungen wurden mit
Rücksicht auf das Scheunengebäude so platziert, dass die Scheune im Duktus
eines landwirtschaftlichen Gebäudes erhalten geblieben ist.
Eine der schwierigsten Entscheidungen im Entwurfsprozess lag darin, eine der
zwei nachträglich eingebauten Tore zu erhalten. Das Tor stört unsere
Sehgewohnheiten dieser traditionellen Bauweise, bietet umgekehrt jedoch eine
zusätzliche Belichtungsmöglichkeit, die beim Umbau eines Scheunengebäudes
eine weitere Herausforderung darstellt.
Da mit diesem Konzept die Verglasung der großen Dielentore unumgänglich war
und diese zweifellos eine Beeinträchtigung des Baudenkmals zur Folge hat,
haben die Planer an einer Lösung gearbeitet, die spiegelnde Wirkung dieser
großformatigen Verglasungen zu reduzieren. Es wurde eine Lamellenstruktur
aus Lärchenholz als vorgelagertes Element vor die Verglasung der Dielentore
gesetzt, die als Andeutung eines Scheunentors zu verstehen ist.
Dieses Detail ist ein Beispiel dafür, dass es ein katalogartiges Arbeiten am
bauhistorischen Gebäudebestand nicht gibt. Es muss immer wieder nach
kreativen Lösungen gesucht werden. Es gibt verschiedene Lösungsansätze, die
detailgenau durchgeplant werden können und müssen.
Im Innenausbau haben die Bauherren auf eine baubiologische Ausführung
geachtet, die dem Baudenkmal durch den Einsatz des Baustoffes Lehm entgegen
kommt.
Anmerkung:
In der Zwischenzeit sind auch die Planungen für das Wohnwirtschaftsgebäude
vorangeschritten. Zunächst wurde eine hausforscherische Untersuchung von Dr.
Dirk Wübbenhorst durchgeführt. Mit Hilfe des Aufmaßes des bauzeitlichen
Zustands konnte ein Förderantrag für Sicherungsmaßnahmen über das Nds.
Landesamt für Denkmalpflege (Kofinanzierung durch EU-Gelder) unterstützt
werden. Eine Bewilligung des Antrags liegt inzwischen vor.
In einer weiteren Stufe kann nun mit Mitteln der Dorfentwicklung auch die
Umnutzung des historischen Gebäudes für eine nierderschwellige Nutzung
beantragt werden.
Lüchow, den 9. September 2016
Kerstin Duncker. |






|